Die Gemeinde Neckartenzlingen bei Stuttgart, war Sitz der Textilfabrik Melchior, in der viele Neckartenzlinger Arbeit fanden. Im Jahre 1977 musste Melchior jedoch schließen, da die Firma auf dem Weltmarkt nicht mehr konkurrenzfähig war. 1938 konnte die Gemeinde Neckartenzlingen die inzwischen stark verfallene Textilfabrik günstig erwerben. Große Teile der Fabrik waren in so schlechtem Zustand, dass man sie nur noch abreißen konnte. Man wollte das günstig gelegene Grundstück für einen neuen Kindergarten, eine Feuerwehrstation und andere soziale Einrichtungen nutzen. Das solide, in Sandstein erbaute Turbinenhaus wurde jedoch unter Denkmalschutz gestellt. Die Typologie des Turbinenhauses bot die Gelegenheit, zur Mehrzweckhalle umgenutzt zu werden. Peter Hübner wurde beauftragt, ein Gutachten über mögliche Nutzungen der Räume zu erstellen. Trotz der Anforderungen hinsichtlich des Denkmalschutzes wurde der Umbau in einem partizipativen Verfahren geplant, das die Anwohnerschaft mit einbezog. Ein weiterer partizipativer Aspekt war die Forderung, beim Bau und der Innenausstattung örtliche Handwerker zu beschäftigen, sowohl aus wirtschaftlichen Gründen als auch, um den Stolz und die Identifikation der Gemeindemitglieder mit ihrem neuen Bau zu fördern. Typisch dafür war der Beitrag eines lokalen Kunst-Schmieds, der die Geländer herstellte. Es war ein ausgesprochen gemeindebezogenes Projekt, und Hübner erklärte dazu: »Wir haben erfahren, dass ähnlich, wie das Einfamilienhaus für eine Familie, eine Festhalle für eine Gemeinde eine ganz individuelle, maßgeschneiderte Lösung darstellen muss.« In das dominante Volumen der alten Halle wurden der große Saal mit Bühne sowie der kleine Saal mit längs angeordneter Küche und Bar eingebaut. Beide Säle können durch eine große Hubwand verbunden oder getrennt werden. Das Foyer mit Garderobe und Treppenabgang zu den im Untergeschoß liegenden Toiletten wurde von Hübner in Form von zwei achteckigen Pavillons hinzugefügt. Die Entstehung des neuen Gebäudes festigte die Erinnerung an die industrielle Vergangenheit des Dorfes und ermöglichte auch das Angebot vielfältiger kultureller Veranstaltungen. Das liebevoll gepflegte Raumangebot wird ungewöhnlich intensiv genutzt und ist zum Mittelpunkt der Gemeinde geworden.
fertigstellung 1988
adresse Melchior Festhalle, Metzingerstraße 10, 72654 Neckartenzlingen
bauherr Gemeinde Neckartenzlingen
zusammenarbeit Statik: Roland Riebl
baubeginn 1986
Melchior Festhalle Neckartenzlingen
plus bauplanung
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goethestraße 44
72654 neckartenzlingen
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