Das Rohmaterial für dieses Gebäude bestand aus einem Satz von Bindern und Platten aus vorfabrizierten, nicht mehr benötigten Holzbaracken der Firma Porsche.
Die 1977 gegründete und nach dem berühmten deutschen Dichter Christian Morgenstern benannte Schule ist ein Teil der Waldorfschulbewegung und auf die Arbeit mit lernbehinderten Kindern spezialisiert. In den ersten Jahren ihres Bestehens arbeitete die Schule in gemieteten Räumen anderer Schulen, dabei übernahm sie auch teilweise Baracken einer anderen Waldorfschule am Ort, bis sie sich um 1985 zum Bau eigener Räume entschloss. Das Rohmaterial für dieses Gebäude bestand aus einem Satz von Bindern und Platten aus vorfabrizierten, nicht mehr benötigten Holzbaracken der Firma Porsche. In Waldorfschulen haben Schauspiel und Eurhythmie einen hohen Stellenwert. Daher wurde ein Theater mit klar begrenztem Bühnenbereich benötigt, der Saal bot sich als zentraler Bewegungsbereich an. Wenn die Klassenräume, Büros und anderen Elemente ringförmig darum herum angeordnet würden, konnte er als »Marktplatz« fungieren und auf Korridore verzichtet werden. Außerdem war aufgrund der Art des Bauplatzes ein kompaktes, freistehendes Gebäude unerlässlich. Die Menge der benötigten Räume erforderte einen dreigeschossigen Bau. Die Klassenräume sollten nicht rechtwinklig sein, sondern mindestens fünfeckig. Alle diese Forderungen erschienen zuerst total unvereinbar mit dem rechtwinkligen System der Porsche-Baracken, aber Hübner hatte die Idee, die Binder zu Paaren zusammenzunageln, so dass eine vieleckige Form entstehen konnte. Die Fassadenelemente waren auch für eine nicht-rechtwinklige Form verwendbar; sie wurden auf jedem Geschoß in anderer Faltung um den äußeren Rand zusammengefügt. Diese Anordnung milderte geschickt die eintönige Wirkung der Wiederholung. Der axiale Grundriss des Theaters innerhalb des regelmäßigen Polygons wurde erreicht, indem alle unregelmäßigen Elemente in den Ring der Klassenräume verschoben wurden, die in Form und Größe variieren. Im Untergeschoß sind vorwiegend Werkstätten untergebracht.
Das gesamte Gebäude steht auf einer Stahlbetonplatte, die zum Erdboden hin gedämmt ist. Seine Kompaktheit reduzierte den Flächenbedarf auf ein Minimum; durch die gute Dämmung ist der Bau energiesparend bei Heizkosten, die nur etwa das Doppelte eines Einfamilienhauses betragen. Nicht nur des engen Zeitplans, sondern auch der Sicherheitsrelevanz wegen wurden das Fundament, die Decken und die innere Betonkonstruktion von Unternehmern ausgeführt. Auch Installation, Elektrik und Klempnerarbeiten wurden von Handwerksfirmen übernommen, ebenso der Außenanstrich. Die Zimmererarbeiten, Innenwände, Gipskartondecken und die meisten anderen Arbeiten wurden im Rahmen eines Beschäftigungsprogramms von einer Gruppe arbeitsloser Jugendlicher und Mitgliedern des Lehrerkollegiums unter Anleitung eines Maurermeisters und des Handwerkslehrers der Schule durchgeführt. Detailentscheidungen über die Innenausstattung und die Farben blieben der Schulleiterin Pia Hüttel und dem Lehrerkollegium überlassen.
»Die Schule gewann durch ihr neues Gebäude größere Identität und Bedeutung, und die Bemühungen zur Wiederverwendung der Porsche-Baracken, ohne die Banalität ihres Systems zu übernehmen, führte zu einem unerwartet anregendem Bauwerk«
(Peter Blundell Jones)
fertigstellung 1986
adresse Chriatian Morgenstern Schule, Mähderstraße 1, 72768 Reutlingen
bauherr Verine für Erziehungshilfe e.V.
webseite morgensternschule-jugendhilfe.de
zusammenarbeit Statik: Roland Riebl
baubeginn 1985
Christian Morgenstern Schule Reutlingen
plus bauplanung
plus bauplanung gmbh
goethestraße 44
72654 neckartenzlingen
info@plusbauplanung.de
07127 92070