Schüler:innen verbringen in einer Ganztages-Förderschule einen überwiegenden Teil ihrer Zeit und werden wesentlich durch die gebaute Umgebung geprägt. Für uns als Architekten stellt sich somit als primäre Herausforderung nicht nur das Raumprogramm zu erfüllen, sondern einen Lebensraum für schwache, behinderte und kranke Kinder zu schaffen, der ihnen zugleich Geborgenheit, Sicherheit und Heimat bietet und ihre emotionale und motorische Entwicklung fördert.
Wir haben das Hauptaugenmerk auf die Entwicklung eines gegliederten Hauses um einen zentralen Platz gelegt, von dem aus sich die einzelnen Funktionseinheiten als erlebbare Häuser entwickeln. Diese sollen durch differenzierte Materialwahl und signifikante Farbgebung jeweils als erkennbare Adressen individualisiert sein.
Das Wohlbefinden jedes Kindes, (einzeln und in der Gruppe) ist für uns die Messlatte, an der unser Entwurf gemessen werden sollte. Es gilt für die sensibelste Zeit ihrer Entwicklung einen Lebensraum bereitzustellen und zu gestalten, der für jedes Kind optimale Entwicklungschancen bietet.
Die Anordnung der Baukörper bildet nach Innen einen Hof, eine räumliche Situation oder auch räumlicher Archetyp der einerseits für Ruhe und Schutz steht, gleichzeitig aber auch mit der Gestik einer Umarmung die Ankommenden willkommen heißt.
Um den Innenhof sind Raumnutzungen angeordnet, die das gemeinsame einer Schule ausmachen, die Aula mit ihren vor gelagerten Aufenthaltsräumen, die Naturwissenschaft, die Schulleitung, die Bibliothek, dem Kiosk angegliedert an die Lehrküchen und gegenüber, als Rücken, die Sporthalle mit den Umkleideräumen.
Ein Vordach folgt der Kontur des Innenhofes und führt bis vor die Bushaltestelle, an regnerischen Tagen ist der trockene Zugang in die Schule gewährleistet, eine Pausenhofüberdachung ist für die Schüler sicher gestellt, die Eingänge sind überdacht und die Maßstäblichkeit zu den zweigeschossigen Gebäudeteilen ist gewährleistet.
Die Anordnung der Baukörper bildet nach Außen eine strahlenförmig Figur, die sich mit dem landschaftlichen Teil des Grundstücks verzahnt. Die Nutzungseinheiten sind dadurch gegliedert. Im Westen entlang der Mainstrasse entwickelt sich der Küchentrakt. Die Ver.- und Entsorgung erfolgt von der Stirnseite, über den Anlieferungshof ohne den sonstigen Schulbetrieb zu belästigen. Nach Ost reihen sich die Baukörper der Unterrichtsklassen wie Pavillons. Die Unterrichtsräume haben jeweils einen eigenen Ausgang (Fluchtweg) in den landschaftlichen Teil des Außenanlagenkonzeptes.
Die Leitidee, eine Gesamtfigur die das gemeinsame beinhaltet und signalisiert und sich gleichzeitig so gliedert und differenziert, dass die einzelnen Nutzungseinheiten ablesbar sind, Orientierung bieten und eine Identifikation des Einzelnen mit der Schule sicher stellen.
Innere und Äußere Erschließung
Die Forderung nach der möglichst eingeschossigen Schule erzeugt ungewöhnliche Laufwege auf der Erdgeschossebene. Bei einer linearen, beidseitigen Reihung der Räume, wird der erforderliche Flur 150 m lang.
Die gewählte Figur verkürzt die Laufwege und durch die innere und äußere Erschließungsstruktur ist sichergestellt, dass die Nutzungseinheiten von dem allgemeinen Erschließungsverkehr nicht gestört werden.
Die Nutzungseinheit Küche mit Mensa und Aufenthaltsräumen ist für Veranstaltungen separat nutzbar und kann auch fremd vermietet werden.
Die Erschließung der Sporthalle erfolgt für Fremdnutzung direkt von der Mainstrasse.
Baukonstruktion
Die Tragstruktur ist aus Stahlbeton geplant. Die Tragenden Bauteile sollen auf ein vertretbares Minimum reduziert werden um so Veränderungen in Zukunft zu ermöglichen.
Ein großer Augenmerk wird auf die natürliche Belichtung der Klassen gelegt. Dafür wird der mittlere Teil der „Klassenfinger“ angehoben (Laterne) so dass damit die tiefen Klassen auch in der Tiefe natürlich belichtet werden. Gleichzeitig unterstützt dieser Aufbau als Kamin die natürliche Belüftung der Räume. Die Decken sollen größtenteils sichtbar bleiben und über eine Nachtauskühlung die Speichermasse als thermische Masse zur Verfügung stellen.
Das Dach erhält ein extensives Gründach.
Die genaue Ausbildung der Fassaden wird gerade anhand von Modellen und Computersimulationen erarbeitet.
Es sollen so wohl Vorsatzschalen aus Klinkermauerwerk wie aus Plattenmaterial eingesetzt werden.
Städtebaubauliche Schwerpunkte
Die bestimmende Bedingung des Ortes, ist die Autobahn A 661 im Norden des Grundstücks, sie diktiert die Disposition der Gebäudeanordnung: Die Schallemission der Autobahn muss gepuffert werden, Erziehung benötigt Konzentration und Ruhe.
Entlang der Autobahn ist die Sporthalle angeordnet und in der Verlängerung übernehmen die längs gestreckten Werkstätten eine ergänzende Schallschutzfunktion für die Gesamtanlage.
Der Süden des Grundstücks ist von der Hypothek befreit und lässt so eine freie Entfaltung der Entwurfsaufgabe zu.
fertigstellung 2018
adresse Hans-Thoma-Schule, Mainstr. 27- 29, 61440 Oberursel (Taunus)
bauherr Hochtaunuskreis
webseite thoma-schule-oberursel.de
leistungsphasen 1-9
flaeche BGF ca. 11.050 m², BRI ca. 44.450 m³
baukosten ca. 18.500.000 € (KG 300-400, brutto)
zusammenarbeit Statik: Krebs + Kiefer, Transsolar Klima Engineering, KNP Bauphysik, Specht LA, IB Weis
fotografie lukasbrenner-fotografie.de
wettbewerb 1. Preis 2014
baubeginn 2016
Hans Thoma Schule Oberursel
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