Das Projekt begann mit einem Anruf des Schuldirektors. Man kannte sich von dem Schulbau der EGG in Gelsenkirchen, bei dem Direktor Diekmann als Berater mitgewirkt hatte. Er erklärte, dass seiner eigenen Schule – mit 930 Schülern – eine Aula fehlte, dass sie die Turnhalle als Ersatz dafür nutzten, was sehr unbefriedigend wäre, dass jedoch keine Mittel dafür vorhanden oder in absehbarer Zeit zu erwarten seien, um eine zu bauen. Ob sie nicht selber etwas bauen könnten?
Hübner erklärte sich bereit, zu kommen und die Frage zu diskutieren. Er und zwei Partner aus seinem Büro fuhren nach Lippstadt zu einer abendlichen Sitzung mit einigen Mitgliedern des Bauausschusses. Hübner begann mit der Erklärung, dass Geld nicht der entscheidende Punkt sei, vielmehr müssten Ideen vorhanden sein. Mit einer Demonstration gestapelter Gläser auf dem Tisch forderte er sie auf, über Vorstellungen von gegenseitiger Unterstützung nachzudenken. Wenn jedes Kind es übernehmen würde, einen Kubikfuß für die Gründung auszugraben und einen Kubikmeter Beton zu liefern, würde man ein Fundament haben. Die Wände könnten vielleicht aus Lehm errichtet werden. Fenster könne man kostenlos erhalten, wenn man, wie bei früheren Bauten Hübners, sogenannte »Fensterleichen« - ausgemusterte Glaselemente - verwendet. Der Bauausschuss war begeistert und gab die Informationen in der Schulgemeinde weiter. Hübner dachte von Anfang an an eine Holzkonstruktion, aber jetzt musste sie sichtbarer Ausdruck gegenseitiger Unterstützung sein. Im fertiggestellten Gebäude sind die Namen der Kinder auf den Streben derjenigen Abschnitte eingeschrieben, für die sie Verantwortung übernommen hatten. In der Zwischenzeit hatte der Direktor der Schule an allen Fronten Aktivitäten zur Geldbeschaffung in Gang gesetzt und allmählich das notwendige Kapital zusammengebracht. Auch die Stadt sowie viele Firmen und Privatpersonen gaben Spenden. Dennoch war das Geld während der ganzen Bauzeit gefährlich knapp. Es gab einen kritischen Moment: Als die Gründungsplatte gegossen war und die ersten Binder montiert wurden, versuchte man, einen Binder ohne horizontale Traverse mit einem Kran aufzurichten, und dieser knickte ein. Er wurde repariert und die Technik verbessert. Am Ende war Hübner erstaunt über die trotz eingeschränkter Bauaufsicht gute Qualität der Arbeit. Sie war besser, als man es bei einem normalen Vertrag hätte erwarten können. Die Bogenbinder bilden ein leicht gekrümmtes, überstehendes Dach, das Schutz bietet und sehr wirtschaftlich erstellt werden konnte: Spanplatte, Dampfsperre, Wärmedämmung und Bitumendachbahn. Die Außenfläche ist kaum sichtbar; das Erscheinungsbild des Gebäudes beruht auf der hölzernen Untersicht. Vorder- und Seitenwände sind elegant verglast, mit aufgedoppelten Stützen gegen Winddruck, wodurch die Konstruktion leicht wirkt. Der Dachüberstand an der Vorderseite bildet einen einladenden Eingangsbereich, der durch das zweigeschossige Foyer mit Treppen zur Galerie an der Rückseite der Aula führt – wo spezielle gesellschaftliche Nutzungen stattfinden, zum Beispiel der Weihnachtsmarkt. Das Bauwerk hat neue Aktivitäten der Schule initiiert und wird jetzt für Basare, lokale Veranstaltungen und Konzerte wie auch für Versammlungen, Ausstellungen und Preisverleihungen genutzt und ist dadurch fast ganzjährig ausgebucht.
Architektonisch gesehen, kann eine Aula ein banaler Bau sein, denn man benötigt nur einen großen, flexiblen und neutralen Raum. Die notwendige Spannweite ergibt häufig ein sichtbares Übergewicht der Konstruktion. Aber hier wurde die Not zur Tugend, denn das Tragwerk war als Ausdruck der Zweckbestimmung des Bauwerks erwünscht und wurde zu einem von innen, wie von außen, sichtbaren Symbol des Gemeinschaftsgeistes.
fertigstellung 2002
adresse Ev. Gymnasium, Beckumer Straße 61, 59555 Lippstadt
webseite eg-lippstadt.de
leistungsphasen 1 – 5
zusammenarbeit Statik: Dr. Adrian Pocanschi
baubeginn 2000
Schulaula Lippstadt
plus bauplanung
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