Aus der Einweihungsschrift:
Kleines Vorwort der Verfasser: Da wir, Christoph Forster und Christian Remes von plus+, den Entwurfs- und Bauprozess zum neuen Kindergarten der Waldorfschule Marburg gemeinsam begleitet haben, uns im Büro aber nicht ständig über den Weg laufen, haben wir über eine Reihe von e-mails unsere Gedanken und Erinnerungen an die Zeit mit/in diesem Projekt zusammengetragen. Ein Gespräch also, die Basis jeden gemeinsamen Bauens, hier exemplarisch zwischen uns zweien:
ChR: Kollege Forster ! es gilt noch diesen Text für die Eröffnungs-Broschüre für Marburg schreiben zu dürfen ! Doch wie beginnen ? Vorn ? Woran ich mich noch erinnere: eine Bürovorstellung in der Mensa der Schule, ein kleiner Wettbewerb und dann Feste von Workshops in Ziegenbalgs Werkstätten mit noch festlicheren gemeinsamen Abendessen bei Yvonne Schuchhardt die eher den Charakter von Studentenfeten hatten, Nächte und Frühstücke bei Buchholzes (daran erinnere ich mich oft. weil in meiner Küche noch ein Bild hängt welches Marlene mir gemalt hat) und entwurflich zunächst scheinbar viel zu viel Raumprogramm für ein Grundstück auf dem auch noch ein alter Kindergarten in der Bauphase überleben sollte ... et toi ?
ChF: Ich erinnere mich, dass wir schon zu der ersten Veranstaltung zu spät eingetroffen sind, das Kolloquium kam uns schon entgegen, wir mussten zur Begrüßung gegen den Strom schwimmen und die weite Anreise sowie den unerwarteten Verkehr als Entschuldigung vortragen. In die Bewerbergruppe integriert wurden wir mit der Aufgabe konfrontiert, unlösbar, viel zu groß, viel zu bunt, kostenmäßig abgesichert aber das Budget, darüber strategisch zurückhaltende Aussagen. Nach dem Rundgang über das Gelände durften wir uns und das Büro vorstellen.
ChR: und wir waren natürtich ausnehmend phantastisch ! nun ja, es hat auf jeden fall zur einladung zum gutachterverfahren und dann später ja auch weiter, zur beauftragung, gereicht. Und dann die drei workshops - wenn man jetzt durch die bilder schaut, und das deckt sich mit meiner erinnerung, ist nur gelacht worden (,,hier habe ich leute zusammen lachen gesehen, die habe ich noch nie zusammen lachen gesehen", sagte Hardy damals), es wurde aber wohl auch wild gearbeitet, den es findet sich in unseren daten auch noch eine, wohl im anschluss an den ersten oder zweiten workshop gelaufene, präsentation mit ingesamt acht verschiedenen varianten zur anordung des baukörpers ( unter anderem teilwiese mit nutzung des turnhallendaches .. ) bzw. der baukörper .. . denn irgendwann Samstag nachts am ende eines workshoptages hat jemand ( ich meine ziegenbalg) die bis dahin meist in die süd-ost-ecke des grundstücks gequetscht und getürmte gebäudemasse (ok - tonmasse .. ) in drei kleinere gebäude aufgelöst und frei auf dem gelände verteilt - im rückblick wohl einer der wichtigsten momente der entwurfsgeschichte. spätestens nach dem zweiten workshop kannten wir unsere mitentwerfer nun auch ohne namensschilder und freuten uns auf den jeweils kommenden einsatz bei unseren marburgern.
ChF: Wir waren phantastisch? Ich weiß nicht, jedenfalls an deine anschließend an mich gerichtete Kritik, es sei wieder alles zu dick aufgetragen, geradezu besserwisserisch gewesen kann ich mich gut erinnern. Die workshops, vor der guten Stimmung die Unsicherheit. Wie kann das gehen ohne den Workshopzauberer Peter? Die Marburger Gelassenheit trug uns über die Runden. Gelassenheit, mir schien zu keinem Moment in Frage gestellt, dass unser Tun ins Ziel führen wird, obwohl dem kritischen Beobachter das Vertrauen hätte verloren gehen können.
ChR: okok - stimmt auch alles, wir waren zum ersten mal so richtig allein, also ohne den rest des büros unterwegs, von beinahe verpasster akquise über den bau bis jetzt. und wenn man sich heute da hinstellt wo mal der alte kindergarten stand und sich umschaut, dann hat das ja ganz gut geklappt (ich bleibe beim durchweg positiven rückblick ... ) also, weiter in der geschichte: wir (alles) durften machen was wir wollten oder glaubten tun zu müssen und kurz vor weihnachten konnte ich (du hattest keine zeit) der pädagogischen konferenz der schule zusammen mit hardy und yvonne ein bereits sehr ausgereiftes Modell im Maßstab 1 :50 präsentieren. hört sich glatt an, aber (und jetzt werde ich -sagen wir- einschränkend) schon zu diesen Zeitpunkt wurde klar, dass das marburger kindergartenkollegium nicht das anspruchs- und differenzloseste ist ... so manche entscheidung wurde zwei bis dreimal durchgearbeitet..
ChF: Allein sein sehe ich anders, mit dir zusammen ist das allein sein nicht möglich. Die Erfahrung unserer Partizipationsmethode war auch immer mit uns. In Marburg hat diese Vorgehensweise besonders gut gegriffen. Die Kreativität des Marburger Teams ist auf allen Ebenen abgedeckt. Die Warmherzigkeit, eine wunderbare Voraussetzung für Einfallsreichtum und Bereitschaft der Zusammenarbeit. Die Besonnenheit, mit der die eigenen Interessen abgewogen wurden. Die Erinnerung an die eigene Kindheit mit der Forderung nach Maßstäblichkeit. Die Geduld, mit der Entwicklungsprozesse ausgehalten werden. Die Organisation, mit die Entscheidungen gesteuert werden. Die Einbindung der Behörden Das herausragende Engagement einzelner als Motivation für die Gemeinschaft. Die Zuversicht Das Leben haben wir getroffen, nicht einsam, gemeinsam
ChR: was könnte ich da noch hinzufügen? so war es - oder besser . und dies ist noch hinzuzufügen, weiterzuschreiben: so ist es noch und wird auch weiter so sein , auch wenn unser an teil an der Geschichte langsam ausläuft und alle anstrengungen in anbetracht des ergebnisses bereits in vergessenherr geraten. letzte woche habe ich noch mrt kindergärtnerinnen, handwerkern der gartenbaufirma, herrn schäfer und mit herrn otto in noch rohem aussengelände vor einem plan gehockt um die gestaltung des geländes, die kontaktstellen zum rest der schule, zu beschließen – direkt und mit vielen, so wie nahezu alle entscheidungen getroffen wurden. nun bleibt scheinbar nichts mehr für die architekten zu tun, doch das gestalten geht mit dem getroffenen leben von dem du schreibst weiter. Haus, Garten und Bewohner werden sich weiter miteinander beschäftigen, sich einleben und gegenseitig beeinflussen und - wenn die mit allen gefundenen grundlagen so gut sind wie wir jetzt glauben - stetig ein neues schaffen und diese impulse werden nicht an einem kindergartenzaun enden sondern die gesamte schulgemeinschaft mit einbinden. nicht einsam also, gemeinsam
Christoph Forster und Christian Remes
plus+bauplanung GmbH, August 2009
fertigstellung 2009
adresse Waldorfkindergarten Marburg, Ockershäuser Allee 14, 35037 Marburg
bauherr Verein für Waldorfpädagigik e.V.
webseite waldorfmarburg.de
flaeche BGF ca. 960 m², BRI ca. 2.700 m³
baukosten ca. 1.400.000 € (KG 300-400, brutto)
zusammenarbeit Statik: Dr. Adrian Pocanschi
fotografie suhan-fotografie.de
KiTa Waldorfschule Marburg
plus bauplanung
plus bauplanung gmbh
goethestraße 44
72654 neckartenzlingen
info@plusbauplanung.de
07127 92070